„Nicht die Farbe der Haut sondern die Farbe der Macht entscheidet für oder gegen das Leben.“ May Ayim – die Farbe der Macht
Mit #miasanda präsentiert JoMa im Jahr 2026 eine kulturpolitisch richtungsweisende Gruppenausstellung und Veranstaltungsreihe, die die ästhetischen Stimmen und gesellschaftlichen Perspektiven von Frauen mit Migrationsgeschichte ins Zentrum kultureller Öffentlichkeit rückt. Der Titel, eine selbstbewusste Umdeutung des bayerischen „mia san mia“, markiert den Anspruch des Projekts: Zugehörigkeit ist kein Privileg, sondern ein Recht – und Kunst ein Raum, in dem dieses Recht sichtbar, verhandelbar und neu gestaltbar wird.
In Zeiten, in denen Migration noch immer allzu häufig durch defizitorientierte oder stigmatisierende Narrative geprägt wird, setzt #miasanda einen bewussten postmigrantisch-feministischen kulturpolitischen Kontrapunkt. Das Projekt stellt sich gegen Praktiken des Othering, die gesellschaftliche Vielfalt auf ein „Wir“ und ein „Nicht-Wir“ reduzieren. Gerade Frauen mit Zuwanderungs- oder Fluchtgeschichte erfahren diese Form symbolischer Grenzziehung besonders deutlich – im Alltag, in medialen Darstellungen, in kulturpolitischen Strukturen. #miasanda antwortet darauf mit einem Gegenraum: einem Raum der Sichtbarkeit, der Selbstdeutung und der ästhetischen Souveränität.
Künstlerisch setzt sich das Projekt mit Fragen der Sichtbarkeit und Repräsentation auseinander – und greift das „Stadtbild vom Merz“ lediglich als Bezugspunkt auf, um die Mechanismen des Zusammensetzens und Ausschließens sichtbar zu machen. Während Schwitters aus Fragmenten neue Ordnungen schuf, verweist #miasanda auf die Realität, dass Stadtbilder und gesellschaftliche Narrative nie neutral sind: Sie entstehen durch Auswahl, Schwerpunktsetzung und oft auch durch das Ausblenden bestimmter Stimmen. Indem das Projekt diese Strukturen offenlegt, zeigt es, wie sehr gängige Vorstellungen von Stadtgesellschaft auf Ausschlüssen beruhen – und wie notwendig es ist, diese kritisch zu hinterfragen und neu zu verhandeln. Nicht die ästhetische Harmonie der Vielfalt steht im Vordergrund, sondern die Frage, wer gesehen wird, wer sprechen darf und wer im kulturellen Gedächtnis fehlt.
Die thematischen Schwerpunkte – Identität und Teilhabe, Rolle und Narrativ, Vielfalt – bilden das Gerüst dieser Gruppenausstellung, die künstlerische Praxis und gesellschaftliche Reflexion eng miteinander verschränkt. Sie lädt dazu ein, gängige Rollenbilder zu dekonstruieren, stereotype Zuschreibungen aufzulösen und Frauen mit Migrationsgeschichte als eigenständige Akteurinnen kultureller Produktion sichtbar zu machen. #miasanda macht deutlich, dass ihre Perspektiven nicht nur individuelle Geschichten erzählen, sondern unverzichtbare Bestandteile unserer kulturellen Gegenwart und unseres städtischen Zusammenlebens sind.
Indem das Projekt transkulturelle Dialoge, partizipative Formate und künstlerische Prozesse zusammenführt, setzt es ein kulturpolitisches Signal: Integration ist kein Anpassungsimperativ, sondern ein wechselseitiger gesellschaftlicher Gestaltungsprozess. Ein Prozess, der Räume benötigt, in denen Begegnung möglich wird – Orte, an denen neue ästhetische Bilder, neue politische Erzählungen und ein neues Verständnis von Stadtgesellschaft entstehen können.
#miasanda steht daher für ein plurales, offenes und zukunftsorientiertes Kulturverständnis: ein Wir, das nicht trennt, sondern verbindet – und in dem Vielfalt nicht geduldet, sondern als Grundlage künstlerischer und gesellschaftlicher Entwicklung verstanden wird. Im Fokus steht damit nicht die harmonisierende Kraft der Vielfalt, sondern die politische Frage, wer in einer pluralen Gesellschaft Sichtbarkeit erhält – und wer strukturell übersehen wird.