Antifeminismus stellt eine zentrale ideologische Ressource im Rechtsextremismus dar und fungiert als Brückenideologie, die Anschlussfähigkeit zu konservativen Milieus herstellt. Er geht über die Ablehnung von Geschlechtergleichstellung hinaus und richtet sich gegen zentrale Prinzipien einer offenen, pluralistischen und demokratischen Gesellschaft. Antifeministische Diskurse beruhen auf einem essentialistischen Geschlechterverständnis, das soziale Rollen naturalisiert und die Konstruktion von Geschlecht leugnet. In diesem Kontext wird die „traditionelle Familie“ als vermeintlich naturgegebene gesellschaftliche Ordnung stilisiert, während Gleichstellungspolitiken und feministische Bewegungen als Bedrohung für diese Ordnung inszeniert werden.
Diese Narrative sind Teil eines anti-egalitären Projekts, das auf die Re-Traditionalisierung gesellschaftlicher Strukturen zielt. Dabei geht es um die Konstruktion eines Feindbildes (Othering), das dazu dient, progressive Werte als Ausdruck einer „verderbten Moderne“ zu diskreditieren. Zum anderen ermöglichen die Narrative die symbolische Selbstverortung rechtsextremer Akteure als „Verteidiger“ einer vermeintlich bedrohten hegemonialen Ordnung.
Antifeminismus fungiert somit als Mobilisierungsressource, die massive bestehende Unsicherheiten und Krisenerfahrungen (z. B. im Kontext von Globalisierung, Migration oder sozialem Wandel) politisch deutbar macht. Diese ideologische Ressource und Narrative setzen auch auf Emotionalisierung, Moralisierung und Angstproduktion, was wiederum wesentlich zur Radikalisierung der Anhängerschaft beiträgt. Gleichzeitig stabilisiert dieses Narrativ rechtsextreme Weltbilder, indem es Geschlechterverhältnisse als zentralen Bezugspunkt einer autoritär-nationalistischen Gesellschaftsordnung darstellt.
Es mag widersprüchlich erscheinen, dass Frauen sich antifeministisch, also gegen die Interessen von Frauen engagieren. Betrachten wir die Namen der antifeministischen Akteurinnen etwas genauer, fällt auf, dass viele aus dem Adel stammen: Gloria von Thurn und Taxis, Beatrix von Storch, Hedwig von Beverfoerde… Sie definieren, was die Position der Frau in der traditionellen Familie ist, kommen aber aus Kaiserin-Sissi-Familien, in denen Bedienstete für Care Arbeit zuständig waren. Und auch Birgit Kelles Ehemann spielt mit dem Begriff des „Ritters“.
Der Fachreferent Andreas Kemper möchte in diesem Impulsvortrag daher den Schwerpunkt auf die Rolle der Adelsfamilien in Deutschland setzen: Er wird die Wirkmächtigkeit von Adelsfamilien im modernen Antifeminismus beleuchten und Fragen von Klasse und Geschlecht diskutieren, um Internet-Phänomene wie „Tradwives“ –Traditionelle (Haus-)Frauen – erklären zu können.